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Gibt es Unterschiede zwischen den beiden Begriffen?

  • kommissarischer Manager
  • Interim-Manager
Takkat
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J. Doe
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2 Answers2

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Ich denke, dass die Antwort von IQV zwar schon recht gut ist, dass der wesentliche Unterschied aber nicht erfasst wird, insbesondere, weil der Unterschied zwischen zeitlich befristet und vorläufig nicht so klar ist – mir jedenfalls nicht.

Beide Begriffe haben gemeinsam, dass sie im Gegensatz zu eigentlich stehen. Sowohl der kommissarische als auch der Interim-Träger eines Amtes oder Titels sind nicht die vollgültigen, eigentlichen Amtsträger, sondern stehen unter irgendeinem Vorbehalt. Deswegen kann es sein, dass diese Begriffe in der Alltagssprache oft nicht differenziert werden.

Der Begriff kommissarisch ist aber ein Terminus technicus und hat in juristischen Kontexten eine klare Bedeutung, die kommissarisch von Interim- unterscheidet: Der Unterschied besteht darin, dass dieser Vorbehalt bei kommissarisch sich auf die Legitimationsgrundlage bezieht, während er sich bei Interim- auf die Endgültigkeit der Besetzung bezieht.

Zwei Beispiele, an denen die Abgrenzung deutlich wird:

kommissarisch: Wenn in einem Verein auf der Mitgliederversammlung kein neuer Vorstand gewählt werden kann, dann bleibt der alte Vorstand kommissarisch im Amt. Hier muss der Begriff kommissarisch gewählt werden, weil der Vereinsvorstand sein Amt nicht auf dem üblichen Legitimationsweg erhalten hat. (Der Vorstand muss hier, logisch gesehen, auch nicht unbedingt ein Interimsvorstand sein, weil es sein kann, dass der Vorstand gar nicht neu besetzt wird – wenn es beispielsweise keine Kandidaten oder Kandidatinnen gibt. Es ist also denkbar, dass ein kommissarischer Vorstand die volle Wahlperiode über im Amt ist.)

Interim-: Der Fußballtrainer, der vom Vorstand des Vereins vorerst eingesetzt wird, bis ein neuer Trainer gefunden wird, nachdem der vorherige Trainer plötzlich entlassen worden ist, ist definitiv ein Interimstrainer. Er ist keinesfalls ein kommissarischer Trainer, weil er auf dem üblichen Legitimationsweg berufen wurde (vom Vorstand eingesetzt).

Daraus lässt sich die folgende Merkhilfe ableiten: Da viele Legimitationsverfahren heute Wahlen vorsehen, steht kommissarisch häufig im Gegensatz zu gewählt, Interim- hingegen steht nicht im Gegensatz zu gewählt.

Jonathan Scholbach
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  • Du bringst mehr Klarheit in die Sprache als üblicherweise dort vorhanden ist. Will sagen: Vermutlich sind sich die meisten Benützer dieser Wörter der feinen Unterschiede v.a. bezüglich der Legitimationsgrundlage gar nicht bewusst. Aber immerhin, es ist ja gut, zu versuchen, solches Bewußtsein zu wecken. – Christian Geiselmann Nov 23 '18 at 12:56
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    @ChristianGeiselmann Es geht mir nicht darum, ein Bewusstsein zu wecken, d.h. die Sprache zu verändern (ich denke, das sollte hier auf SE generell nicht getan werden), sondern ich versuche, die Sprachrealität zu beschreiben. Da kommissarisch ein terminus technicus ist, kann es durchaus sein, dass die Abgrenzung außerhalb des juristischen Sprachgebrauchs nicht so klar ist. Ich bin mir aber sehr sicher, dass die Bedeutung innerhalb des juristischen Sprachgebrauchs genau diese ist. Ich habe meine Antwort geändert, um das genauer darzustellen - danke für den Hinweis! – Jonathan Scholbach Nov 23 '18 at 13:03
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    Nur zur Ergänzung, es gibt auch den Begriff des Interim-Managements, ein Terminus aus der Betriebswirtschaft... – Arsak Nov 23 '18 at 14:33
  • @jonathan.scholbach Oh, Verzeihung! Es war gar nicht im Sinne einer Kritik ode eines Ergänzungsvorschlags gemeint, vielmehr zum Ausdruck der Bewunderung über die präzise und sinnvolle Unterscheidung! – Christian Geiselmann Nov 23 '18 at 20:44
  • @ChristianGeiselmann Ja, kein Problem. No hard feelings. :-) Die Antwort ist dadurch sicherlich verbessert worden. – Jonathan Scholbach Nov 24 '18 at 02:27
  • Unabhängig davon, ob sich der Sprecher des - von Dir korrekt beschriebenen -Unterschieds zwischen Legitimation und Dauer bewusst ist oder nicht, gibt es zwei Fälle, in denen es nicht Interims-, sondern nur kommissarisch heißen kann: 1. Der reguläre Funktionsinhaber fällt für einen längeren Zeitraum aus, es wird aber erwartet oder zumindest für möglich gehalten, dass er auf seinen Posten zurückkehrt - dann wird jemand seine Position kommissarisch ausfüllen, das kann sogar der ordnungsgemäß eingesetzte Stellvertreter sein. – Volker Landgraf Nov 26 '18 at 11:24
  • Der bisherige Funktionsinhaber wird nicht zurückkommen, jemand anderes (tendenziell mit einer gleich hohen oder sogar höheren Position) übernimmt vorübergehend die Funktion zusätzlich zu seiner eigentlichen Aufgabe - um beim Fußballbeispiel zu bleiben: der Trainer wurde gefeuert, der Manager oder Klub-Präsident übernimmt kommissarisch das Training, bis ein neuer (hauptamtlicher) Trainer verpflichtet wurde.
  • – Volker Landgraf Nov 26 '18 at 11:27