Wieso dreht man Wäsche auf links, wenn man sie doch eigentlich von innen nach außen dreht?
Google hat mir leider dieses Mal leider, abgesehen von gutefrage.net nicht weiter geholfen, sondern hat mir nur viele Waschtipps ausgespuckt.
Wieso dreht man Wäsche auf links, wenn man sie doch eigentlich von innen nach außen dreht?
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Ich glaube es besteht ein Zusammenhang mit "rechts = richtig", demgemäß wäre dann alles was links ist, falsch (vgl. "eine Linke" etc.) Demnach wäre die "rechte Seite" die richtige und die "linke Seite" die falsche, verkehrte.
lenken Vb. ‘in eine bestimmte Richtung bewegen, steuern’, mhd. lenken ‘biegen, wenden, richten’ […] Die Bedeutung entwickelt sich von ‘biegen, in eine andere Richtung biegen’ zu ‘die Richtung bestimmen, steuern’. – ablenken Vb. ‘in eine andere Richtung lenken, abbiegen’ (um 1500), ‘fernhalten, abwenden, auf andere Gedanken bringen’ (Anfang 16. Jh.).
Damit zusammenhängend
Gelenk n. ‘bewegliche Verbindung von Knochen, von (Maschinen)bauteilen’, ahd. gi(h)lenki (11./12. Jh.), mhd. gelenke […] sind verwandt mit aengl. hlanc ‘schlank, dünn’, eigentlich ‘biegsam’, aengl. hlence, anord. hlekkr ‘Kette, Kettenglied’, hlykkr ‘Krümmung, Biegung’ und mit lat. clingere ‘umgürten, schließen’. –
„lenken“ und „Gelenk“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/etymwb/Gelenk, abgerufen am 10.09.2023.
Wegen "schlank, dünn" ließe sich vermutlich ein vermutlich doch eher zufälliger Zusammenhang mit der Linken, schwachen Hand vermuten. Pfeifer (cf. links) stellt die übliche Herleitung ebenso in Frage, "Oder im Sinne von ‘gebogen, schief’ (im Gegensatz zu recht ‘gerade’, s. d.) verwandt mit lenken, Gelenk?" begründet es aber anders, um den Zusammenhang mit mittelhochdeutsch linc, lenk "link, linkisch, unwissend" zu retten.
Der weit verbreitete, nicht gänzlich unbegründete Gedanke, dass die linke Hand des Teufels sei, kann nur als gepflegte Volksetymologie begriffen werden.
Next to laevus and scaevus, the meaning 'left' for sinister must be a more recent development. […] WH connect the root *senh₂ 'to obtain' (Skt. sanóti), which would imply something like 'the more favourable (side)' for *senH-is-tero- > sinister.
[M. de Vaan, Etymological Dictionary of Latin; WH = Walde/Hofmann, Lateinisches etymologisches Wörterbuch]
Die ungelenke Herleitung aus der Anatomie überzeugt insoweit nicht wirklich, da außergermanische Anknüpfungspunkte nicht gesichert sind. Unterdessen vergleicht De Vaan tatsächlich altisländisch hlekkr 'chain, ring', usw. und rekonstruiert althochdeutsch lenk*, lenc* 'left', doch warnt hinsichtlich clingere, -ō: "The precarious transmission of this word in Latin renders its linguistic reality uncertain." Dessen baltoslavische Vergleiche unterstreichen nur die Unsicherheit.
Zu mhd. linc ~ linkes heißt es letztendlich auch nur "origin uncertain" (en.WT: links).
Zum Vergleich bietet sich maßgeblich an rücklinks / rücklings, mhd. rückelingen, althochdeutsch ruggilingūn ‘rückwärts, hinten’ (Pfeifer/dwds.de). Zur Endung:
Daß das l dieses Wortbildungselements erst sekundär angetreten ist (wohl analog zu Ableitungen, die zum Wortstamm gehörendes -l- enthalten, vgl. etwa ahd. hālingon, -un ‘heimlich’, ītalingūn ‘vergeblich’, zu Hehl bzw. eitel, s. d.), zeigen die in früher Zeit gleichermaßen nachweisbaren Adverbien auf ahd. -ingū̌n, -ingon [usw.]
„-lings“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993) [ibid.]
S.a. EWA: ahd. -iling, "wobei -il- die Dimi- nution, -ing die Zugehörigkeit ausdrückt.", was jedoch nicht ganz dasselbe ist.
Dies gereicht zum Schluss der Vermutung, die Polysemy von "links" habe einerseits zu dieser Entwicklung (s. rücklings) beitragen können, müsste in Ihrer Entstehung im Einzelfall (links) aber ganz anders begründet werden. Das ist an dieser Stelle nicht zu leisten.
Weil ein appelativer Wortstamm *auf-l- oder ähnliches nicht offensichtlich ist und die Analogie ansonsten beliebig ist, d.h. unbegründet, ist eine sekundäre Ableitung (s. -lings) im Fall von "auf links drehen" nicht unwahrscheinlich.
Denkbar wäre zwar mittelhochdeutsch afela), sofern dies neben mitteldeutsch äbich "das abstehende, zurückstehende, folglich verkehrte und linke" (DWB; "inside out", en.WT) unter niederdeutscher Vermittlungb) in mhd. afel, aver, ävern, äfern, äffic-lich o.ä. (s. Lexer, DWB) aufgegangen zu sein scheint
a) s. en.WT: *aflą "power, strength, might", jedoch ohne Definition für mhd.
b) s. en.WT: *abuhaz "turned the wrong way, inverted; wicked, bad"; EWA: ahd. abuh, vgl. mndl. āves, aefs "verkehrt", ae. afu(h)lic "perversus", me. awk(e), auk(e) "from the left, perverse, strange", aisl. ǫfugr "verkehrt, abgewandt" etc.
Eine andere Möglichkeit wird im Weben gesehen (s. die Kommentare, @knut), die Zusammenhänge sind jedoch ungewiss. Grimm bemerkte einst afner, das "eher zu weben selbst gehört, und dem altn. ofnir textor? ([…]) gleicht, dem bekannten webel, wefel panucla verwandt." (DWB: afner) Zweitens kann mit altnordisch hlekkr "Kettenglied" ein Rückschloss auf die angesprochene Richtung der Masche beim Stricken bzw. Weben verstanden werden: bei Läufern, Baumwollsocken usw. ist die Oberseite glatt, nur auf der Unterseite befinden sich viele feine Knoten.
Deswegen kommt unter der Annahme eines nordischen Lautwandels o < wo für das gesuchte Appelativum die Wortfamilie um weben in betracht, nämlich ... Waffel? "Die Bezeichnung für das alte niederländische Fasten- und Festgebäck, die von der wabenartigen Musterung ausgeht," (Pfeifer: Waffel). Siehe ferner im Niederländischen: "Ontwikkeld uit Proto-Germaans *wēb-ilō-, […] vernoemd naar haar geweven patroon, net zoals een honingraat" [Philippa et al., Etymologisch Woordenboek van het Nederlands, https://etymologiebank.nl/trefwoord/wafel)), "oorspr. = “weefsel”: germ. *wêƀlô-, ablautend met weven." (N. van Wijk (1936 [1912]), Franck's Etymologisch woordenboek der Nederlandsche taal [ibid.]) Zum Thema steht da natürlich nichts. Die Ähnlichkeit zu Oblate ist auch eher zufällig, dessen Herleitung aus offere, ob-fero, im Bezug auf urindogermanische Partikeln och viele Fragen offen lässt, insbesondere ob *wêƀ- zu einer solchen gehört wie auf- < *upó.
Obscura per obscurum.