17

Wieso dreht man Wäsche auf links, wenn man sie doch eigentlich von innen nach außen dreht?

Google hat mir leider dieses Mal leider, abgesehen von gutefrage.net nicht weiter geholfen, sondern hat mir nur viele Waschtipps ausgespuckt.

Iris
  • 8,537
  • 2
  • 30
  • 57
  • 4
    Duden ignoriert diese Bedeutung (umgedrehtes Wäschestück) erstaunlicherweise vollkommen, das Grimmsche Wörterbuch kennt sie als verkehrt, gewendet. – tofro Feb 06 '17 at 18:20
  • @tofro „auf links drehen“ findet man auch im Duden (z. B. in Band 2 oder im großen Wörterbuch der deutschen Sprache) sowie auf duden.de, allerdings ohne Erklärung der Herkunft. –  Feb 06 '17 at 18:34
  • 1
    @Loong nicht mal mit Erklärung - als ob "links" und "gewendet" dasselbe wäre. Ich finde, das hätte eine eigene Bedeutung verdient gehabt. – tofro Feb 06 '17 at 19:21
  • @Loong, den Artikel im Duden hatte ich auch gesehen, aber da steht nirgends was von Wäsche oder von innen nach außen umdrehen. – Iris Feb 06 '17 at 21:30
  • 5
    "Das kommt davon ,das früher viele Sachen gestrickt waren. und da gibt es beim Stricken immer rechte und Linke Maschen. Die äußere oder schönere Seite ist die rechte Seite (man sagt auch Warenseite dazu). Und somit ist etwas nach links drehen eben die innere Seite nach außen drehen." Gefunden bei http://www.cosmiq.de/qa/show/2050123/Auf-links-drehen/ - kann aber nicht sagen ob das stimmt :) – knut Feb 06 '17 at 22:12
  • 1
    @Knut: Ist aber eine alternative Wahrheit zur Erklärung Ingmars - vielleicht machst Du eine Antwort draus? – user unknown Feb 07 '17 at 01:47
  • 4
    Ich glaube nicht, dass das vom Stricken kommt. Die viel ältere Form ist das Weben. Hier gibt es eine Webart, die Köperbindung, bei der unterschiedlich viele Kettfäden unter- oder überfahren werden. Bei jedem Schuss wird diese Grenze zwischen oben und unten nach rechts verschoben. Damit ist das "rechte Warenbild" die Seite, bei der der Weber nach rechts gearbeitet hat. Die andere Seite wird dann folgerichtig als linke Seite bezeichnet. Das rechte Warenbild wiederum ist die schönere Webseite, auf der das gewünschte Farbmuster am besten zu sehen ist. – IQV Feb 07 '17 at 10:08
  • @IQV: klingt ganz plausibel und viele Wörter stammen tatsächlich aus dem Weberhandwerk. Allerdings habe ich auch Referenzen gefunden, die bei Stoffen von zwei rechten Seiten (vorne und hinten) reden. – Takkat Feb 07 '17 at 12:25
  • Richtig, das ist die Leinwandbindung. Dort ist die Anzahl der Kettfäden gleich und deshalb unterscheiden sich Vorder und Rückseite nicht. Das ist die einfachste Webtechnik, z. B. immer abwechselnd oben - unten -... – IQV Feb 07 '17 at 12:27
  • @IQV damit fällt das ganze aber wieder zurück auf "rechts" == "richtigrum" wie in Ingmars Antwort – tofro Feb 07 '17 at 15:24
  • @tofro Im Prinzip ja. Aber bei der Leinwandbindung wird dann auch oft von zwei "rechten Warenbildern" gesprochen, da Vorder- und Rückseite gleich sind. Da gibt es dann kein linkes Warenbild und man kann das Gewebe auch nicht "auf links drehen". – IQV Feb 08 '17 at 06:48

2 Answers2

15

Ich glaube es besteht ein Zusammenhang mit "rechts = richtig", demgemäß wäre dann alles was links ist, falsch (vgl. "eine Linke" etc.) Demnach wäre die "rechte Seite" die richtige und die "linke Seite" die falsche, verkehrte.

Ingmar
  • 19,257
  • 1
  • 48
  • 82
  • 2
    +1, vgl. auch "linkisch" und "jmd. linken", beides mit Konnotation "falsch" – tofro Feb 06 '17 at 18:20
  • 2
    Und auch schon im Lateinischen hat sinister die Nebenbedeutung von "fies", "Unglück bringend" oder "drohend", also eine negative Konnotation – tofro Feb 06 '17 at 18:27
  • 3
    Das ist aber nicht mehr als eine Vermutung, oder? – Hubert Schölnast Feb 06 '17 at 19:36
  • 2
    Das wäre auch meine Vermutung, aber stimmt sie? – Iris Feb 06 '17 at 21:30
  • 1
    +1 Hier eine Referenz zu den Grimms, wo diese Bedeutung unter 2) und 4) genau so genannt wird: http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GL06176#XGL06176 – Takkat Feb 07 '17 at 08:21
  • @Takkat, Grimm sagt nur, dass links zwei Bedeutungen hat, allerdings sagt es ja nicht, dass die eine Bedeutung die zweite Bedeutung herleitet. – Iris Feb 08 '17 at 11:22
  • 2
    @Iris: unter recht(s) sagen sie: recht, bei dingen die zu wenden sind, bezeichnet die gewöhnlich sichtbare oder obere seite (vgl. dazu link) – Takkat Feb 08 '17 at 11:31
  • Verkehrt kommt demnach auch von kehren in einer überaus seltenen, eigentlich nicht im Ansatz wahrhaftigen Bedeutung von "falsch"? So wie diese Antwort??? – vectory Sep 14 '23 at 15:42
-3

lenken Vb. ‘in eine bestimmte Richtung bewegen, steuern’, mhd. lenken ‘biegen, wenden, richten’ […] Die Bedeutung entwickelt sich von ‘biegen, in eine andere Richtung biegen’ zu ‘die Richtung bestimmen, steuern’. – ablenken Vb. ‘in eine andere Richtung lenken, abbiegen’ (um 1500), ‘fernhalten, abwenden, auf andere Gedanken bringen’ (Anfang 16. Jh.).

Damit zusammenhängend

Gelenk n. ‘bewegliche Verbindung von Knochen, von (Maschinen)bauteilen’, ahd. gi(h)lenki (11./12. Jh.), mhd. gelenke […] sind verwandt mit aengl. hlanc ‘schlank, dünn’, eigentlich ‘biegsam’, aengl. hlence, anord. hlekkr ‘Kette, Kettenglied’, hlykkr ‘Krümmung, Biegung’ und mit lat. clingere ‘umgürten, schließen’. –

„lenken“ und „Gelenk“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/etymwb/Gelenk, abgerufen am 10.09.2023.

Wegen "schlank, dünn" ließe sich vermutlich ein vermutlich doch eher zufälliger Zusammenhang mit der Linken, schwachen Hand vermuten. Pfeifer (cf. links) stellt die übliche Herleitung ebenso in Frage, "Oder im Sinne von ‘gebogen, schief’ (im Gegensatz zu recht ‘gerade’, s. d.) verwandt mit lenken, Gelenk?" begründet es aber anders, um den Zusammenhang mit mittelhochdeutsch linc, lenk "link, linkisch, unwissend" zu retten.

Der weit verbreitete, nicht gänzlich unbegründete Gedanke, dass die linke Hand des Teufels sei, kann nur als gepflegte Volksetymologie begriffen werden.

Next to laevus and scaevus, the meaning 'left' for sinister must be a more recent development. […] WH connect the root *senh₂ 'to obtain' (Skt. sanóti), which would imply something like 'the more favourable (side)' for *senH-is-tero- > sinister.

[M. de Vaan, Etymological Dictionary of Latin; WH = Walde/Hofmann, Lateinisches etymologisches Wörterbuch]

Die ungelenke Herleitung aus der Anatomie überzeugt insoweit nicht wirklich, da außergermanische Anknüpfungspunkte nicht gesichert sind. Unterdessen vergleicht De Vaan tatsächlich altisländisch hlekkr 'chain, ring', usw. und rekonstruiert althochdeutsch lenk*, lenc* 'left', doch warnt hinsichtlich clingere, -ō: "The precarious transmission of this word in Latin renders its linguistic reality uncertain." Dessen baltoslavische Vergleiche unterstreichen nur die Unsicherheit.

Zu mhd. linc ~ linkes heißt es letztendlich auch nur "origin uncertain" (en.WT: links).


Zum Vergleich bietet sich maßgeblich an rücklinks / rücklings, mhd. rückelingen, althochdeutsch ruggilingūn ‘rückwärts, hinten’ (Pfeifer/dwds.de). Zur Endung:

Daß das l dieses Wortbildungselements erst sekundär angetreten ist (wohl analog zu Ableitungen, die zum Wortstamm gehörendes -l- enthalten, vgl. etwa ahd. hālingon, -un ‘heimlich’, ītalingūn ‘vergeblich’, zu Hehl bzw. eitel, s. d.), zeigen die in früher Zeit gleichermaßen nachweisbaren Adverbien auf ahd. -ingū̌n, -ingon [usw.]

„-lings“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993) [ibid.]

S.a. EWA: ahd. -iling, "wobei -il- die Dimi- nution, -ing die Zugehörigkeit ausdrückt.", was jedoch nicht ganz dasselbe ist.

Dies gereicht zum Schluss der Vermutung, die Polysemy von "links" habe einerseits zu dieser Entwicklung (s. rücklings) beitragen können, müsste in Ihrer Entstehung im Einzelfall (links) aber ganz anders begründet werden. Das ist an dieser Stelle nicht zu leisten.

Weil ein appelativer Wortstamm *auf-l- oder ähnliches nicht offensichtlich ist und die Analogie ansonsten beliebig ist, d.h. unbegründet, ist eine sekundäre Ableitung (s. -lings) im Fall von "auf links drehen" nicht unwahrscheinlich.


Denkbar wäre zwar mittelhochdeutsch afela), sofern dies neben mitteldeutsch äbich "das abstehende, zurückstehende, folglich verkehrte und linke" (DWB; "inside out", en.WT) unter niederdeutscher Vermittlungb) in mhd. afel, aver, ävern, äfern, äffic-lich o.ä. (s. Lexer, DWB) aufgegangen zu sein scheint

a) s. en.WT: *aflą "power, strength, might", jedoch ohne Definition für mhd.

b) s. en.WT: *abuhaz "turned the wrong way, inverted; wicked, bad"; EWA: ahd. abuh, vgl. mndl. āves, aefs "verkehrt", ae. afu(h)lic "perversus", me. awk(e), auk(e) "from the left, perverse, strange", aisl. ǫfugr "verkehrt, abgewandt" etc.


Eine andere Möglichkeit wird im Weben gesehen (s. die Kommentare, @knut), die Zusammenhänge sind jedoch ungewiss. Grimm bemerkte einst afner, das "eher zu weben selbst gehört, und dem altn. ofnir textor? ([…]) gleicht, dem bekannten webel, wefel panucla verwandt." (DWB: afner) Zweitens kann mit altnordisch hlekkr "Kettenglied" ein Rückschloss auf die angesprochene Richtung der Masche beim Stricken bzw. Weben verstanden werden: bei Läufern, Baumwollsocken usw. ist die Oberseite glatt, nur auf der Unterseite befinden sich viele feine Knoten.

Deswegen kommt unter der Annahme eines nordischen Lautwandels o < wo für das gesuchte Appelativum die Wortfamilie um weben in betracht, nämlich ... Waffel? "Die Bezeichnung für das alte niederländische Fasten- und Festgebäck, die von der wabenartigen Musterung ausgeht," (Pfeifer: Waffel). Siehe ferner im Niederländischen: "Ontwikkeld uit Proto-Germaans *wēb-ilō-, […] vernoemd naar haar geweven patroon, net zoals een honingraat" [Philippa et al., Etymologisch Woordenboek van het Nederlands, https://etymologiebank.nl/trefwoord/wafel)), "oorspr. = “weefsel”: germ. *wêƀlô-, ablautend met weven." (N. van Wijk (1936 [1912]), Franck's Etymologisch woordenboek der Nederlandsche taal [ibid.]) Zum Thema steht da natürlich nichts. Die Ähnlichkeit zu Oblate ist auch eher zufällig, dessen Herleitung aus offere, ob-fero, im Bezug auf urindogermanische Partikeln och viele Fragen offen lässt, insbesondere ob *wêƀ- zu einer solchen gehört wie auf- < *upó.

Obscura per obscurum.

vectory
  • 2,184
  • 8
  • 20
  • 3
    Was hat das mit der Frage zu tun? – Kritiker der Elche Sep 13 '23 at 23:43
  • @Kritiker, spezifiziere "das". Hat die Edith geholfen? – vectory Sep 14 '23 at 04:50
  • @userunknown dein Edit ist wieder mal nonsense. Dieses mal sogar inhaltlich, nicht nur auf meine eigenwillige Schreibe bezogen. – vectory Sep 20 '23 at 16:11
  • und die downvotes sind herkömmliches Scheuklappengehabe. – vectory Sep 20 '23 at 16:16
  • Wieso rollst Du sie dann nicht zurück? Und was heißt "wieder mal"? Bislang hast Du mir noch keine Nonsense-edits vorgeworfen - auch sonst erinnere ich mich an derartige Vorwürfe. Ganz billiges Framing! – user unknown Sep 20 '23 at 19:15
  • Ja, Dein Edit hat den Zusammenhang mit der Frage deutlich gemacht. Trotzdem für mich kein Grund für ein Upvote. Auch vorher war es übrigens für mich kein Grund für ein Downvote. – Kritiker der Elche Sep 21 '23 at 08:15
  • @KritikerDerElche, dass "wenden" (s. erstes Zitat) relevant ist, bedürfte das weiterer Ausführung oder lenkt (bzw. wendet) dies doch zu sehr ab? Dass hlenk im Ansatz auf das Weben zu beziehen ist (vgl ketteln?), schien mir letztendendes nicht mehr zielführend, erklärt aber den Ansatz. Ist das etwa nicht offensichtlich? Und wieso sollte ich versuchen, irgendwen zu überzeugen, wenn irgendein swagsinn enrgegensteht und es ausreichen sollte, hinreichende Zweifel darzustellen? – vectory Sep 21 '23 at 17:57